Dalia Moniat zu KI und Recht: »Ist uns Innovation wichtiger als die wirtschaftliche Existenz von Kreativen?«
Der AI Act, scheinbar rechtssichere eigene Modelle und Aufruf zur Solidarität: Creative Strategist und Juristin Dalia Moniat beleuchtet die aktuelle rechtliche Lage mit KI.
Trotzdem bleibt die praktische Frage, unter welche Rechtsprechung die Server der KI-Unternehmen fallen und wie sie sich außerhalb der europäischen Union weiterentwickelt. Solche internationalen Unterschiede hemmen den juristischen Einfluss, und das führt dazu, dass sich die Tools und der Markt für KI-Produkte sehr viel schneller entwickeln als der rechtliche Rahmen.
Wir sind also noch mitten im Prozess, die rechtlichen Leitplanken für den Umgang mit KI auszurichten. Deshalb ist es gerade umso wichtiger, sich aktiv an deren Entwicklung zu beteiligen und nicht nur wirtschaftlich, sondern auch ethisch zu evaluieren, wo wir Grenzen setzen wollen.
»Als Kreative tragen wir eine Verantwortung dafür, dass alles, was wir dem Kunden bereitstellen, auch rechtlich abgesichert ist.«
Wege aus der rechtlichen Unklarheit
Viele Kreative arbeiten ja gerade an eigenen KI-Modellen. Meinst du, dass diese einen Lösungsansatz für die rechtlichen Probleme darstellen könnten?
Das Schützenswerte an den eigenen Modellen sind in der Regel Bilddatenbanken, die Kreative zu Trainingszwecken aufbauen. Diese könnte man aus eigenen Bilddatenbeständen, aus lizenzfreiem Material und Bildern, für die man die Nutzungesrechte hat, zusammenstellen, sodass man zumindest Kontrolle über die Herkunft und Weiterverarbeitung der Bilder erhält. Das ändert zwar nichts an der Tatsache, dass die Basismodelle meist mit Miningdaten aus dem offenen Netz trainiert wurden, aber so könnten wir wenigstens beeinflussen, wie sich eigene Modelle weiterentwickeln. Wichtig hierbei sind maximale Transparenz und Klarheit im Umgang mit dem eingespeisten Material und die Einholung etwaiger Lizenz- und Nutzungsrechte für eine solche maschinelle Verarbeitung.
Gerade für Agenturen ist dies ein möglicher Weg, um sich für Kundenprojekte einen rechtlich abgesicherten Rahmen aufzubauen und nachzuweisen, dass ihnen auch die generierten Bilder gehören. Das ist nämlich bisher eines der größten Probleme, wenn man KI in kommerziellen Projekten anwenden will. Per definitionem haben wir an den KI-generierten Inhalten aus öffentlichen Tools nämlich erst einmal kein Urheberrecht, sprich alle Nutzer:innen könnten unser Bild in ihren eigenen Arbeiten weiterverwenden. Als Kreative tragen wir aber eine Verantwortung dafür, dass alles, was wir dem Kunden bereitstellen, auch rechtlich abgesichert ist.
Wie macht man KI-generierte Werke wieder rechtssicher für Kund:innen?
Das Urheberrecht greift dann wieder, wenn das Bild auch nach der Generierung noch einmal durch den Menschen bearbeitet wurde. Dann ist es eine eigene geistige Leistung und kann – solange man die ethische Komponente außen vorlässt – in Kundenprojekten eingesetzt werden. Allerdings ist derzeit noch nicht verbindlich geklärt, wie stark man das Bild noch bearbeiten muss. Reicht ein Farbfilter oder eine in Photoshop eingefügte Textur?
Im Keyvisual für unsere »ChAI«-Reihe haben die Senior Designerin Viviane Harder von Karl Anders und ich gemeinsam einen Workflow getestet und schließlich aus mehreren KI-generierten Bildern eine Collage gestaltet. So haben wir dem maschinellen Output eine neue Ebene hinzugefügt und damit sichergestellt, dass das Recht am Plakat bei uns liegt.
»Vor allem ist Solidarität innerhalb der Branche gefragt, während wir den Wert von menschengemachtem Design neu definieren.«
Haltung, Ethik und Solidarität
Was passiert mit den KI-generierten Arbeiten, die jetzt veröffentlicht werden, sobald es einen rechtlichen Rahmen gibt?
Nachträglich wird in der Regel nichts abgestraft. Die Arbeiten sind zwar ethisch problematisch, rechtlich aber in Ordnung. In Zukunft kann es allerdings sein, dass bestimmte Tools, deren Anbieter sich nicht dem nationalen Recht beugen, in Deutschland gesperrt werden. Das halte ich aber für unwahrscheinlich. Eher wird es passieren, dass KI-generierte Arbeiten gekennzeichnet werden müssen oder eine digitale Signatur erhalten, die sie als solche erkennbar macht – ähnlich wie Adobe Firefly es bereits handhabt.
Wir sollten im professionellen Agenturkontext vorsichtig sein, nicht zu sehr den Hype zu befeuern, solange so viele Faktoren noch nicht geklärt sind. Jetzt gilt es, mit Bedacht die Tools zu testen, weiterzuentwickeln, außerdem nicht einfach ungefiltert und ungekennzeichnet den KI-Content auf alle Plattformen zu spielen.
Wie können Kreative sich beim Thema KI absichern?
Freie Illustrator:innen und Fotograf:innen werden es damit am schwersten haben. Also müssen wir uns für die Zukunft Frameworks bauen, in denen Freelancer:innen gemeinsam mit Agenturen agieren können. Sie könnten etwa eine Stilprobe in Form von Bildbeispielen als Material zum Training von KI-Modellen bereitstellen und dafür Nutzungsgebühren veranschlagen. Ich rate gerade freien Kreativen außerdem immer dazu, sehr genau mit ihren Verträgen zu sein: Denn wer sagt, dass eine Agentur oder ein:e Kund:in nicht einfach zuvor bereitgestellte Illustrationen nutzt, um ein eigenes Modell zu trainieren?
Dies alles muss im Vertrag genau festgehalten sein – und sei es nur durch einen Sperrvermerk in den Nutzungsrechten. Im Bestfall müssten Kreative das nicht selbst machen, sondern es gäbe dafür ganz klare rechtliche Vorgaben. Aber bis dahin müssen wir es eben selbst in die Hand nehmen. Dazu braucht es etwas Spekulation im Hinblick darauf, wie sich die KI weiterentwickelt, und Selbstbewusstsein, diese Themen für sich zu beanspruchen. Aber vor allem ist Solidarität innerhalb der Branche gefragt, während wir den Wert von menschengemachtem Design neu definieren.