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Social Media-Strategien für Freelancer (AGD)

Social Media bieten viel Potential zur Selbstvermarktung – oder zur nutzlosen Zeitverschwendung. Friederike Sobiech von der Allianz deutscher Designer erklärt an drei Best-Practice-Beispielen, wie eine erfolgreiche Strategie für die eigene Online-Präsenz gelingt.

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Die Netzwelt bestand bis vor einigen Jahren aus deutlich unterscheidbaren Bereichen: Informationen und Neuigkeiten hier, Diskussionen in Foren, Chats oder auf Mailinglisten dort, kaufen und verkaufen an wieder anderer Stelle. Dieses trennscharfe Internet 1.0 wird längst überlagert und dominiert von den amorphen, verwobenen Strukturen der sozialen Netzwerkplattformen, auf denen Privates und Geschäftliches, Verkaufen und Verschenken, Werben und Informieren simultan stattfinden.

Um Strategien für einen nützlichen (und auch gesunden) Umgang mit den Möglichkeiten der sozialen Netzwerke zu entwickeln, gibt es Bücher, Blogs, Podcasts, Fachzeitschriften … Sie beschreiben Techniken, Optionen, Vor- und Nachteile, beleuchten die rechtliche Situation hier und die Nutzungsbedingungen dort. Was wirklich zählt, sagen sie aber nicht. Deswegen hier drei Best-Practice-Beispiele, die insbesondere für Selbstständige und Freiberufler geeignet sind:

Eva-Lotta Lamm und die eigene Spielwiese

Im Programm der größten deutschen Design(er)-Konferenz TYPO Berlin tauchte ihr Vortrag 2012 auf einer kleinen Nebenbühne auf: über Sketch-Notes und erste Erfahrungen im Selbstverlag ging es vordergründig bei Eva-Lotta Lamm, die in fast allen Netzwerken unter dem Nicknamen Evalottchen zu finden ist. Sie hat vor einiger Zeit begonnen, Konferenz- und Besprechungsnotizen nicht in Worte, sondern in kommentierte Skizzen, Infografiken und Flussdiagramme zu fassen, ein Trend der sich als Graphic Recording inzwischen für Illustratoren und Designer zur Spezialisierungsnische entwickelt. Eva-Lotta Lamm teilte ihre Scans und Fotos auf verschiedenen Plattformen und Kanälen mit der Welt und sammelte so wertvolle Erfahrungen über Reaktionsmechanismen im Social Web. Praxiswissen, das es eben nicht in Ratgebern und Büchern gibt.

Die nicht planbare Nebenwirkung von @evalottchens Netzpräsenz war, dass sie immer häufiger selbst als Sprecherin auf Tagungen eingeladen wurde, inzwischen Workshops zu Sketchnotes gibt und als Freelancerin vom daraus resultierenden Bekanntheitsgrad profitiert. Erfolgsfaktoren waren hier, dass sie schon ehe der Trend zum Thema »Graphic Recording« einsetzte, viel Material ins Netz gestellt hatte und sich dabei auch mutig gestattete, mit mittelprächtigen Arbeiten zu beginnen. Ermuntert von viel positiver Resonanz entwickelte sie ihren Stil und ihr Können dabei erst weiter – Eva-Lotta Lamm ließ sich also auf eine Evolution ein.

Malte Christensen und seine Experimentierphase

Der Online-Konzepter und -Stratege erzählte auf der AGD-Jahrestagung 2010 von seinem Blog-Experiment kopfbunt.de und dass er nur wenigen Menschen auf Twitter folgt, diese aber genau seinen Informationsappetit treffen. Und er beschrieb, wie er die Schnittstellen und Automatismen nutzt, um mit wenig(er) Aufwand auf den Plattformen präsent zu sein, die ihm wichtig sind. Sein persönlicher Strategie-Dreiklang: Effizient, schnell und ohne Rücksicht auf die Publikumserwartung. Wenn er mal einen freien Kopf für das Fortkommen an einem Auftrag brauchte, dann spielte er eine Stunde lang mit lauter Musik an seiner Konsole oder bewegte sich raus in die Stadt. »Das Netz« blieb für ihn deutlich nur ein Begleitmedium, er ließ es nicht zu seinem Wohnzimmer oder Pausenhof werden. Er ging und geht den Weg der Emanzipation. Erfolgreich hat ihn sein digitales Engagement trotzdem (oder gerade deswegen) gemacht, denn als analytisch-kühler und authentischer Kopf ist er mittlerweile als Stratege und Berater für Kommunikationsmaßnahmen im Web 2.0 unterwegs. Das kopfbunt-Blog hat er dafür konsequenterweise in einen langen Winterschlaf versetzt.

Peter Dahmen und der kurze Weg zum Klickmillionär

Auf der AGD-Jahrestagung 2012 erzählte der Grafikdesigner und »Papieringenieur« bei einem kurzweiligen Vortrag, wie er unaufwändig einen Versuchsballon für seine Pop-Up-Fertigkeiten bei YouTube steigen ließ. Einige gute Amateurvideoclips verhalfen Peter Dahmen zu Klick-Millionen, während er in der realen Welt das Gegenteil machte: ein sehr aufwändiges Pop-Up-Mailing mit einer Auflage von acht (!) Stück hatte 100% Response und zwei kleinere Pop-Up-Karten-Aufträge zur Folge.

Beides zusammen – Reichweite und Produktionserfahrung in einer ausgesprochen kleinen Nische – machten ihn zu einem glaubwürdigen Spezialisten für ganz besondere Großaufträge: für die Präsentation eines neuen Mini-Modells auf einer Automesse entwickelte er das Modell für die wohl größte Pop-Up-Karte der Welt. Und der digitale Illusionist Marco Tempest ließ sich von ihm gleich mehrere Pop-Up-Bücher entwickeln, die er für eine erstaunliche und unvergessliche Kurzshow zum Leben und Wirken von Nikola Tesla auf der TED-Konferenz verwendete. Inzwischen ist Peter Dahmens Videoliste mit ungewöhnlichen Pop-Up-Projekten weiter gewachsen, sie finden Sie auf peterdahmen.de

Sein Beispiel zeigt, dass eine Revolution in Sachen Selbstvermarktung begonnen hat, denn ohne YouTube & Co. wäre Peter Dahmen auf ein enormes Werbebudget oder die Berücksichtigung durch eine Redaktion angewiesen gewesen.

Die drei Erfahrungsberichte haben drei Gemeinsamkeiten: alle Handelnden haben klein und mutig angefangen, die Effizienz im Blick behalten und sind mit mindestens einem Fuß und Auge in der Kohlenstoff-Welt geblieben.

Das Fazit

Wer beim digitalen Zeitvertreib Effizienz und Pioniergeist gut mischt, erntet berufliche Perspektiven – oft sind es unerwartete.

Hier finden Sie alle bisherigen Teile unserer Berufspraxis-Kolumne.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. nutzt die AGD eigentlich auch social media? Nur so aus Interesse.

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