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Mahn mal – wenn die Kundschaft nicht zahlt (AGD)

Effektiver Start ins neue Jahr: Wie man – von der freundlichen Erinnerung bis zum gerichtlichen Mahnverfahren – dafür sorgt, dass die Kundschaft ausstehende Rechnungen zahlt, erklärt Andreas Maxbauer, Referent bei der Allianz Deutscher Designer (AGD).

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Einer der nervigsten Geschäftsvorgänge ist das Hinterherlaufen nach dem Geld, besonders wenn der Auftrag mit vielen Varianten oder unter großem Zeit- und Kostendruck verlief. Die Zahlungsmoral ist in Deutschland im Großen und Ganzen gut, dennoch gibt es immer mal ein paar schwarze Schafe oder Kunden, die sich finanziell verhoben haben.

Erfreulicherweise treten Zahlungsschwierigkeiten selten bei Stammkunden auf, schwieriger ist es bei Neukunden oder wenn Auftragsumfänge wild wuchern.

Ein Signal für rasches Handeln ist, wenn sich zahlungsunwillige Kunden nach dem Vogel-Strauß-Prinzip am Telefon verleugnen lassen oder nicht mehr auf E-Mails reagieren. Manche – aber das ist gottlob selten – stellen plötzlich den Wert der Designleistungen in Frage oder bringen das Projekt einfach nicht zu Ende, um damit die Abnahme zu verweigern. Diese rechtlichen Sonderfälle nehmen wir uns in einer späteren Ausgabe dieser Kolumne vor, im Folgenden geht es um den normalen Weg einer Mahnung, wobei wir von einem freundlichen und intakten Designer-/Kundenverhältnis ausgehen und davon, dass der Kunde die Arbeit abgenommen hat.

Der Mahnweg beginnt, wenn das auf einer Rechnung genannte Zahlungsziel verstrichen ist, üblich sind bei Designerinnen und Designern 14 oder 30 Tage ab Rechnungsdatum. Es können aber auch kürzere Zeiträume sein, besonders falls das Designbüro in erhebliche finanzielle Vorleistungen getreten ist. Ist nichts vereinbart, geht man in Deutschland von einer Fälligkeit nach spätestens 30 Tagen aus, ab dann kann gemahnt werden.

Erste Mahnung – freundliches Erinnern

Die folgenden Schritte hängen im Wesentlichen davon ab, welches Klima zwischen Designer und Kunde vorherrscht und ob ein Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit besteht.

Ist alles gut, empfiehlt sich zunächst ein kurzer Anruf à la »Denken Sie bitte noch an meine Rechnung?« am besten gleich mit der Ankündigung einer schriftlichen Zahlungserinnerung, das »nur der guten Ordnung halber«. Der Anruf ist oft wirksamer als die rein formale Erste Mahnung (oft »Zahlungserinnerung« genannt) und er ist wesentlich zielführender als eine E-Mail, diese wird oft ignoriert.

Das Mahnschreiben muss, neben einem freundlichen oder humorvollen Erinnerungstext, ein paar Fakten nennen: Rechnungsdatum, -nummer und -summe sollten in jedem Fall genannt sein. Auch ist es zweckmäßiger, anstelle einer vagen Angabe (»bitte um Begleichung in den kommenden Tagen«) ein konkretes, neues Zahlungsziel mit einem Datum zu nennen, das normalerweise in sieben, zehn oder vierzehn Tagen liegt.

Wer das Gefühl hat, dass die Kundin oder der Kunde einen kurzzeitigen Engpass hat und ein großes Interesse an einer weiteren Zusammenarbeit besteht, kann man in diesem Stadium noch eine Ratenzahlung anbieten oder den Kunden bitten, selbst einen Zahlungsvorschlag zu unterbreiten.

Es ist möglich, Verzugszinsen auf seine Forderungen gelten zu machen, die Höhe und die Berechnung kann man hier nachlesen. Auch Mahnkosten können berechnet werden, sie dürfen aber nur so hoch wie die tatsächlich entstandenen Sachkosten (z.B. für Porto, Briefpapier etc. sein). Ein »Strafporto« weil man sich geärgert hat, ist damit nicht statthaft.

Zweite Mahnung – deutlich werden

Verstreicht die eingeräumte Frist fruchtlos, folgt meistens die zweite Mahnung, wobei sie je nach Situation und Naturell der Beteiligten eine weitere oder die nächste oder bereits die letzte Mahnstufe ist. Wer gleich »an’s Eingemachte gehen will«, liest direkt beim nächsten Abschnitt, der Dritten Mahnung, weiter.

Die zweite Stufe ist im Tonfall und den Fristsetzungen schon direkter, weil man in der Regel nicht mehr von einem reinen Versehen der Kundschaft ausgehen kann. Statt »Bitte zahlen Sie bis zum …« lautet der Text etwa »Ich erwarte Ihre Zahlung bis zum …« und statt einer Zahlungsfrist von vierzehn Tagen sind es nur noch sieben oder zehn Tage. Auch wird das Wort »Zahlungserinnerung« wird nun durch »2. Mahnung« ersetzt.

Insgesamt ist es klüger, die formale Schriftform auf dem Postweg zu wählen, weil das offizieller wirkt. Das Mahnschreiben kann ja von einer zusätzlichen E-Mail mit einem PDF-Anhang begleitet sein. Auch hier ist ein begleitender Anruf eventuell sinnvoll, auch um vorzufühlen, ob es mögliche Zahlungsprobleme gibt und eine Vereinbarung sinnvoll ist.

Dritte Mahnung – Flagge zeigen

Spätestens jetzt, mit der letzten Mahnstufe, wird es für die Kundin oder den Kunden ernst, das muss ihnen aus der Korrespondenz klar werden. Das kann bereits durch die Form des Mahnschreibens signalisiert werden, etwa durch ein Einwurfeinschreiben oder ein Einschreiben mit Rückschein. Alternativ erfüllt auch ein Telefax mit einem Sendebeleg diesen Zweck, aber die Einschreibenvarianten sind für die Kundschaft deutlicher.

Inhaltlich sind die Dritten Mahnungen in etwa mit den zweiten gleich, können aber noch weiter verschärft werden. So steht statt »3. Mahnung« dort »Letzte Mahnung« und der Hinweis auf die Folgen soll auch nicht fehlen. Meistens ist es die Ankündigung, die Forderungen auf dem Rechtsweg einzutreiben, beispielhaft ausgedrückt mit der Formulierung »Sollte ich bis zum … keinen Zahlungseingang feststellen, lasse ich unverzüglich ein gerichtliches Mahnverfahren einleiten. Dadurch kommen erhebliche weitere Kosten auf Sie zu«.

Ist ein Kunde zahlungswillig, wird er im Normalfall jetzt zahlen oder sich melden, um sinnvolle Konditionen anzubieten. Hier kann ein letzter Anruf hilfreich sein, auch, um etwaige Probleme beim nächsten Schritt zu erspüren.

Mahnverfahren – Unterstützung organisieren

Ist immer noch kein Geld oder bloß eine Teilzahlung auf das Konto geflossen, kann man in der Regel davon ausgehen, dass die Kundenbeziehung beendet ist, da das Vertrauen angeschlagen ist. Für das weitere Mahnverfahren bedarf es nun der professionellen Hilfe, die natürlich rechtlich einwandfrei sein muss: eine Selbstjustiz, wie auch immer geartet, darf nicht stattfinden.

Falls ein Kunde deutlich macht, dass er ohnehin nicht zahlen will oder wenn Zweifel an seiner Solvenz bestehen, sollte man erwägen, direkt zum gerichtlichen Mahnverfahren zu schreiten und sich den langwierigen Weg durch mehrere Mahnstufen zu sparen.

Der richtige nun folgende Schritt ist, dem Kunden einen gerichtlichen Mahnbescheid zustellen zu lassen. Im Wesentlichen gibt es dafür drei Möglichkeiten: Den Mahnbescheid selbst beantragen oder eine Anwaltskanzlei bzw. ein Inkassobüro mit dem Forderungseinzug zu beauftragen (nähere Details hier).

Wer den Schritt in das gerichtliche Mahnverfahren selbst ausführen mag, erhält auf der gemeinsamen Website der Zentralen Mahngerichte eine gute Schilderung des automatisierten Mahnverfahrens und kann gleich mit dem Online-Mahnantrag beginnen. Der Weg ist etwas steinig, jedoch werden überall Hilfen angeboten, auch über Hotlines. Das Designbüro muss vorerst die Gerichtskosten übernehmen, diese sind mit ca. 3–4 % der Rechnungssumme aber relativ niedrig, zudem bekommt er sie vom Schuldner zurückerstattet.

Eine Kanzlei oder ein Inkassobüro mit diesem Schritt zu beauftragen, kann Vorteile haben: Zunächst den, dass man sich selbst nicht mit dieser fremden Materie befassen muss, sondern seinem eigentlichen Geschäft nachgehen kann.

Zudem haben »offizielle« Briefe eines Anwaltsbüros oder eines Inkassounternehmens eine größere Wirkung als ein weiteres Schreiben des Designbüros. Ein weiterer Vorteil ist, dass man – besonders wenn der Auftragshergang nicht so einfach war – emotional nicht selbst beteiligt ist und das Verfahren nüchternen Profis übertragen kann.

Das letzte, etwas niedere aber manchmal emotional nachvollziehbare Motiv, die Kosten für den Kunden hochzutreiben, ist hingegen riskant. Der Schuldner muss nur für die unvermeidlich anfallenden Kosten aufkommen, die unmittelbar mit dem Eintreiben zusammenhängen. So muss er nicht die Kosten eines Inkassobüros übernehmen, wenn die Rechnung an sich strittig ist und dadurch zusätzliche Anwaltsgebühren hinzukommen.

Deshalb sollte ein Designbüro die leidige Mahnsache dann komplett an seine Anwaltskanzlei abgeben, wenn die Auftragsabwicklung an sich schon ein wenig hakelig war und/oder abzusehen ist, dass der Kunde nicht zahlen mag. Die Anwaltskanzlei schreibt dem Schuldner einen Brief in dem sie ihm mitteilt, dass sie das Mandat übernommen hat und setzt ihm eine letzte Zahlungsfrist, normalerweise von sieben Tagen. Ist der Kunde bereit zu zahlen oder scheut einen Rechtsstreit, wird er allerspätestens jetzt die Rechnung begleichen oder über die Kanzlei um eine Ratenzahlung bitten.

Bei den Inkassounternehmen ist der Ablauf identisch, zumal auch sie unter Umständen einen Anwalt beauftragen. Was für ein Inkassounternehmen spricht, ist seine Spezialisierung, die bei schwierigen oder sich in Nöten befindlichen Zahlern hilfreich sein kann, während das Mahnverfahren bei Anwälten ein Nebengeschäft ist und evtl. schneller in einen Rechtsstreit münden könnte. Zudem sind manche der Inkassounternehmen zugleich Wirtschaftsauskunfteien, so dass der schon deren Namen auf den Briefköpfen die Schuldner zum Zahlen bewegen, da sich niemand einen Negativeintrag wünscht.

Es ist sinnvoll, vor der Beauftragung die Gebühren zu erfragen. Rechtsanwälte richten sich nach ihrer Gebührenordnung, Inkassobüros sind hingegen in ihrer Gebührengestaltung frei, orientieren sich aber meistens an den Anwaltsgebühren. Der säumige Zahler muss zwar die Gebühren – zuzüglich anfallender Gerichtskosten – übernehmen, wenn beim Kunden allerdings nichts zu holen ist, bleiben diese Kosten am Designbüro hängen.

Mahnbescheid – zum guten Ende gelangen

Ist der Antrag des Designbüros auf Erlass eines Mahnbescheids beim zuständigen Zentralen Mahngericht eingegangen, gibt es dort eine einfache formale Prüfung – eine inhaltliche Durchsicht ob ein Anspruch berechtigt ist, findet jedoch nicht statt. Ist alles in Ordnung, stellt das Mahngericht dem Schuldner den Mahnbescheid förmlich per Post zu und informiert zugleich das Designbüro darüber.

Nun hat der – vermutlich ehemalige – Kunde zwei Wochen Zeit, auf dreierlei Weise zu reagieren:
•    Er zahlt endlich seine Rechnung zuzüglich der Gebühren auf das im Bescheid genannte Konto
    er lässt die Frist verstreichen oder
    er legt gegenüber dem Mahngericht einen Widerspruch ein.

Je nach Reaktion fällt auch das weitere Handeln des Designbüros aus. Hat der Schuldner gezahlt, ist die Sache kaufmännisch abgeschlossen.

Ließ er allerdings die vierzehntägige Frist ohne zu reagieren verstreichen, kann der Gläubiger einen Vollstreckungsbescheid beantragen. Das sollte so schnell wie möglich erfolgen, da ein Widerspruch immer noch solange eingelegt werden kann, bis der Vollstreckungsbescheid erlassen ist. Ansonsten muss dieser Antrag bis spätestens sechs Monate nach dem Mahnbescheid gestellt werden.

Das Mahngericht stellt nun der Designerin oder dem Designer den Vollstreckungsbescheid zu und informiert den Schuldner darüber. Es gibt wiederum eine Widerspruchsfrist von vierzehn Tagen, danach wird der Bescheid rechtskräftig und das Designbüro kann endlich und unverzüglich eine Zwangsvollstreckung einleiten.

Legt der Kunde – warum auch immer – einen Widerspruch gegen den Mahnbescheid ein, hat das Designbüro eigentlich nur zwei ziemlich unattraktive Möglichkeiten:
Entweder lässt er die Sache auf sich beruhen, weil ihm der andere Schritt zu aufwändig oder zu wenig erfolgversprechend ist. Die Alternative ist nämlich die Klärung der Forderung in einem Zivilprozess, spätestens hier ist ein anwaltlicher Beistand geboten.

Alle Berufspraxis-Tipps des AGD hier.

AGD: Warum Designer 90 Euro Stundenlohn verlangen sollten.

Produkt: PAGE 5.2019
PAGE 5.2019
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