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Kreative Berufe: Producer Post production

Das Timing fest in der Hand und die technischen Möglichkeiten im Kopf, 
behalten die Multitalente den Überblick – manchmal von Anfang der Produktion an und immer bis zum Schluss

Kreative Berufe, Jobprofil, Producer, Post production

Ursprünglich hat Gianna Johnke bei Scholz & Friends eine Ausbildung als Kauffrau für Marketingkommunikation gemacht. Doch als sie dabei durch die verschiedenen Ab­teilungen der Agentur tourte, blieb sie fasziniert in deren Film-, Funk- und Fernseh-Unit hängen.

Begeistert von den bewegten Bildern, den technischen Möglichkeiten und dem engen Austausch mit Kreativen, Produzen­ten und Regisseuren, wechselte sie schließlich 2013 zu den Animationsspezialisten Sehsucht in Hamburg, um sich dort ganz auf die Postproduktion zu konzentrieren. Seither brennt ihr Herz für die 3D-Animation, Design- und Konzeptentwi­ck­lungen – und auch dafür, die Verbindung zu den Kunden zu halten.

Jobbezeichnung Producer Post production, Post­produktioner
Ausbildung Es gibt keinen vorgeschriebenen
Ausbildungsweg Viele kommen aber aus der Medien- und Mediengestaltung. Das ist eine gute Voraussetzung, auch wenn man als Producer die Technik nicht unbedingt beherrschen muss.
Verdienst (brutto) von 1800 Euro monatlich als Einsteiger bis 5000 Euro monatlich mit lang­jähriger Erfahrung

In welcher Phase der Produktion beginnt Ihre Arbeit als Producer Post production?
Gianna Johnke: Das ist sehr projektabhängig. Die klassische Postproduktion beginnt eigentlich nach einem Dreh, aber punktgenau lässt sich das nicht bestimmen. Oft werden wir auch schon von Beginn an miteinbezogen. Bei Sehsucht sieht die Arbeit sowieso etwas anders aus als in klassischen Postproduktionen, da wir auch oft für Konzeptionsausarbeitungen oder Weiterentwicklungen angefragt werden. Wenn ein Auftrag reinkommt, schaue ich, ob er zu uns passt, mache das Angebot, bestimme das Timing und stelle ein Team zusammen, das in der Regel aus 3D Artists und Compositing-Spezialisten besteht. Wenn das Projekt anschließend startet, achte ich darauf, dass Timing und Kostenrahmen eingehalten werden und das Ergebnis sowohl unseren kreativen Vorstellungen entspricht als auch denen des Kunden.

Mit Technik hat Ihre Arbeit also nicht gar nicht so viel zu tun?
Doch, eine Menge. Natürlich muss ich mich mit den technischen Abläufen auskennen, wissen, wie lange bestimmte Arbeitsprozesse bei der 3D-Animation dauern, welche Änderungen zu welchem Zeitpunkt noch möglich sind und ob sie innerhalb des Budgets liegen. Und klar weiß ich, wie zum Beispiel eine 3D-Landschaft mit einem Character darin entsteht, wie Modelling, Shading, Texturing oder Lightning funktionieren. Aber um diese Dinge umzusetzen, gibt es spezielle Artists, und ich habe den Überblick, welche ich dann von extern in den verschiedenen Bereichen dazubuche.
Neulich haben wir an einem Spot gearbeitet, in dem ein Mensch sich in Wasser verwandelt, und brau­chten dafür Experten im Bereich Liquid Animation. Das war wirklich faszinierend, was die am Computer geschaffen haben. Am Anfang sah man einen Schauspieler vor einer grünen Wand spielen, und schließlich steht er, zu Wasser geworden, in einer 3D-Welt, die absolut echt aussieht. Was technisch alles möglich ist, bringt mich immer wieder zum Staunen.

Mit welchen Experten arbeiten Sie in der Regel zusammen?
Das ist selbstverständlich immer vom jeweiligen Pro­jekt abhängig. Wir haben den 3D-animierten TV-Spot »Hel­ping Hands« für Rama gedreht, in dem ein Margarinemädchen durch die Küche hüpft und allerlei erlebt (  http://is.gd/Rama_Helping_Hands  ). Da dies in einer realen Familienküche spielt, kamen nicht nur Live-Dreh und 3D-Animation zusammen, sondern auch das Texturing war besonders wichtig, weil das Mädchen ja vollkommen aus Margarine besteht. Bei der Umsetzung ihrer »Margarinehaut« ha­be ich eng mit dem 3D-Spezialisten zusammengearbeitet und die Ergebnisse mit den Vorstellun­gen der Kunden abgeglichen.

Schauen Sie den Spezialisten oft über die Schulter?
Sehr gern, aber selten lange am Stück, denn die Post­produktion ist sehr aufwendig und manche Rechen­prozesse dauern ewig. Doch die muss ich natürlich auch im Blick haben, weil ich das Timing ja erarbeitet habe und darauf achten muss, dass es eingehalten werden kann.

Das heißt, Sie bewegen sich eigentlich an der Schnittstelle zwischen Team und Kunden?
Genau, und zwar auf unterschiedliche Weise. Bei Kun­den, die noch nicht viel Erfahrung mit der Postproduktion haben und nicht wissen, dass Änderun­gen in einer 3D-Animation wesentlich aufwendiger sind als in Print, muss ich zuerst immer wieder Aufklärungsarbeit leisten. Auch dafür ist es wichtig, sich genauestens auszukennen, weil ich komplexe Prozesse einfach und prägnant darstellen muss. Beim Grading allerdings, wenn der Film zwar noch nicht gemastert ist – also wenn Bild und Sound noch nicht final sind –, sondern man Retuschen macht und die komplette Farbe anpasst, sitze ich mit den Kunden dabei. Meist buche ich noch einen speziellen Coloristen dazu und gemeinsam entscheidet man, ob Kontraste hochgezogen werden, Farben gedimmt oder ob der Spot zum Beispiel einen Rotstich hat. Das sind Schritte von entscheidender Bedeutung, denn es wird ja quasi der Look bestimmt, den man mit der Kreativagentur oder dem Kunden im Vorfeld direkt fest­gelegt hat.

Hat Ihr Job auch eine kreative Komponente?
An der Konzeption direkt bin ich nicht beteiligt, aber natürlich ständig in der Beurteilung dabei. Das geht schon damit los, wenn ein Projekt reinkommt und ich schaue, ob es dem Anspruch von Sehsucht entspricht. Ich filtere Dinge und gebe Feedback und wenn ich ei­ne Idee habe, bringe ich sie auch ein. Außerdem bin ich im ständigen Austausch mit dem Design-Depart­ment, das wir bei Sehsucht haben. Dort arbeiten drei Designer, die sich zwar mit der Technik auskennen, aber vor allem Formskizzen und Illustrationen machen, Moodboards und Styleframes. Da wir viel in 3D arbeiten, sind sie besonders wichtig für den Austausch mit dem Kunden. Denn während man beim Dreh mit einem Schauspieler diesen sowie das ganze Setting sieht, existiert bei 3D alles sehr lange Zeit nur im Kopf.

Welchen Fähigkeiten sollte man als Postproduktioner mitbringen?
Man muss ein unbedingtes Interesse für neue Kreationen haben, für 3D-Animation, Modelling, Sha­ding, Composing, für Retusche und Grading. Man muss das alles nicht unbedingt technisch beherrschen, denn dafür gibt es entsprechende Spezialis­ten. Aber man muss sich gut mit den kreativen Möglichkeiten, die sich dahinter verbergen, auskennen und darüber hinaus wissen, was Programme wie
After Effects oder Nuke, das man für Compositing-Arbeiten wie Retuschen oder Motion-Blur-Effekte einsetzt, ermöglichen. Neben dem Interesse an Krea­tion und Technik muss man der ruhige Pol sein, stets den Überblick behalten, an welchem Punkt die Produktion gerade steht, einen Blick dafür haben, wo es even­tuell hakt, und schauen, welche Spezialisten man hinzubucht. Dafür ist ein ständiger Austausch mit dem Team nötig und auch mit dem Kunden. Des­halb muss man kommunikativ sein und manchmal auch diplomatisch, denn man sitzt genau an dem Punkt, wo zwei ganz unterschiedliche Welten auf­einandertreffen.

Arbeitet man im operativen Bereich als 3D Artist, ist das Interesse an Film oder Fotografie wichtig, denn man macht nichts anderes, als »Fake«-Realitäten zu filmen, und dafür braucht man ein gutes Gespür für Komposition. Außerdem kommt man um 3D-Programme wie Modo, Maya oder Houdini nicht he­rum. Will man in Richtung Technical Director gehen, braucht man zudem ein gutes Auge und ein ausgeprägtes räumliches Denken.

Was an Ihrem Beruf fasziniert Sie besonders?
Die unendlichen technischen Möglichkeiten, die es gibt, und wie mit ihnen Ideen umgesetzt werden. Mich fasziniert, wie Illustrationen sich in 3D Charac­ters verwandeln oder ganze virtuelle Welten er­schaf­fen werden und mit welcher Hingabe an kleins­ten Details gearbeitet wird. Zum Beispiel einer Karot­te, wie sie im Rama-Spot vorkommt und aus unendlich vielen Skizzen dann plötzlich zum Leben erwacht. Der Illusionscharakter der Bilder zieht mich jedes Mal von Neuem in den Bann, genauso wie alles nach und nach entsteht und mit wie viel Herzblut. Deshalb macht es mir auch immer sehr viel Spaß, es dem Kunden zu präsentieren.

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