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Karriere, Kind oder beides?

Generation Y: Wie stellen sich heutige Designstudenten ihre Zukunft in Agentur oder Selbständigkeit vor? Sieben haben uns ein Statement geliefert – harte Arbeit scheuen sie alle nicht

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Pauline Baumberger, 21, Kommunikationsdesign-Studentin im sechsten Semester an der Hochschule Mainz

Für mein späteres Arbeitsleben wünsche ich mir einen Arbeitsraum, der es mir erlaubt, im ständigen Austausch mit anderen Menschen zu sein. Für mich ist es besonders wichtig, über meine Arbeiten zu sprechen, Rückmeldung und Inspiration durch andere zu bekommen. Ich hoffe auf ein Umfeld, das mich immer wieder mit neuen Aufgaben konfrontiert und die Möglichkeit bietet, sich auszuprobieren. Mit Aufträgen, die mich fordern, neue Techniken und Herangehensweisen zu entwickeln. Deshalb kann ich mir im Moment sowohl die Arbeit in einem Studio als auch in der Selbstständigkeit vorstellen. Ich arbeite gerne und hart, aber genügend Zeit und Geld für eine Familie wäre mir sehr wichtig. Aber da bin ich zuversichtlich! Mein Freund ist Grafikdesigner, so wie ich, und mein Freundeskreis ist voller Gestalter. Da lassen sich alle Punkte, die mir wichtig sind ziemlich gut verbinden. Ich habe ja noch etwas Zeit, einen Plan zu schmieden. Ich denke, es ist wichtig, seine Zeit mit dem zu verbringen, was einem Freude bereitet. Hat man den richtigen Beruf gefunden, hat man Freude während Arbeit und Freizeit.

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@ Fotograf: Alexander von Dreis

Lisa von Schönfeldt, 20, absolviert zur Zeit ein Duales Studium BWL – Medien- und Kommunikationswirtschaft / Digital & Print an der Dualen Hochschule Baden-Württemberg in Ravensburg und bei Scholz und Volkmer in Wiesbaden

Im Oktober habe ich mein Duales Studium bei der Digitalagentur Scholz und Volkmer in Wiesbaden begonnen und pendle seitdem abwechselnd alle drei Monate zwischen Wiesbaden und meinem Studienort Ravensburg.

Auch wenn das duale Studium im Vergleich zu einem regulären Studium anstrengender ist, macht es mir viel Spaß und ich habe jetzt schon eine Reihe von praktischen Erfahrungen sammeln dürfen.

Mein zukünftiges Arbeitsleben kann ich mir in einer Agentur gut vorstellen, denn dort möchte ich nach Abschluss meines Studiums durchstarten und selbst die Koordination von Projekten übernehmen. Dass das Einstiegsgehalt nicht das höchste ist, ist mir bewusst. Ebenso sind projektbezogene Überstunden für mich selbstverständlich – auch unbezahlt versteht sich. Hier jedoch bietet mir Scholz & Volkmer die Möglichkeit für Freizeitausgleich. Zudem erhalte ich Angebote an Weiterbildungsmaßnahmen teilzunehmen. Neben fachlichen Inhalten werden auch Seminare zu zahlreichen anderen Themen angeboten. So wird sich zum Beispiel aktiv mit dem viel zitierten Thema »Work-Life-Balance« auseinander gesetzt.

Spaß bei der Arbeit und eine angenehme Arbeitsatmosphäre stehen für mich an erster Stelle, um den Anforderungen der Agentur, des Kunden und natürlich auch meinen eigenen Vorstellungen gerecht zu werden.

Foto David K

David W. Kaufmann, 22, Art Director und Copywriter, achtes Quartal Miami Ad School Europe, Hamburg

Wie stelle ich mir mein späteres Arbeitsleben vor? An der Miami Ad School wurde ich sehr früh auf eine Arbeitsintensität getrimmt, die in dieser Form an anderen Schulen nicht stattfindet. Ich habe also nicht die Illusion, im Beruf viel Zeit für mein persönliches Leben genießen zu dürfen. Meiner Meinung nach ist das aber gar nicht schlimm. Ich weiß, dass ich in diese Branche gehöre. Es ist das, was ich schon immer machen wollte und was ich am besten kann. Ich glaube, wer diesen Biss nicht hat, der ist in der Werbung falsch. Für mich stellt sich die Frage nach der Work-Life-Balance also gar nicht. Ich mache das, was mir Spaß macht und was ich liebe, und wenn ich damit durch bin, freue ich mich auf die nächste Herausforderung.

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Daniel Wesche, 21, studiert an der Design Factory Hamburg Kommunikationsdesign und arbeitet nebenbei bei Kolle Rebbe

Ich persönlich musste mir bei meiner Entscheidung dafür, in der Kreativebranche Fuss zu fassen zum Glück gar nicht viele Fragen stellen. Denn ich träume seit meinem 14. Lebensjahr davon das zu tun, was ich im Moment tue. Und hoffentlich auch in Zukunft tun werde. Einen Plan B gab es für mich nie. Das liegt zum Einen daran, dass mich der Beruf – so wie er ist – erfüllt. Und zum Anderen, weil ich ohnehin nichts Anderes kann.

Ich glaube, dass die Branche sehr transparent ist. Ich bin nach wie vor der festen Überzeugung, dass Dinge wie eine mittelmäßige Bezahlung und Überstunden beim Durchstarten nicht im Weg stehen sollten. Mein Lieblingszitat: »Success is 5% inspiration and 95% perspiration.« Will man hoch hinaus, muss man sich beweisen, hart arbeiten, gut organisiert sein; andere Dinge vielleicht erstmal hinten anstellen. Ist einem die Karriere nicht so wichtig, bewirbt man sich für einen Nine-to-five-Job und kann Flyer für Giovannas Pizzaexpress machen – auch okay.

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Agnieszka Kalwak, 23, achtes Quartal Miami Ad School Europe, Hamburg

Ich glaube es ist empfehlenswert, zumindest für Juniors, nach dem Abschluss einer Ausbildung in einer Agentur anzufangen, um zu sehen wie die Arbeitswelt aussieht. Selbständig arbeitende Kreative habe ich kennengelernt, jedoch schon mit mehreren Jahren Berufserfahrung.

In der MASE werden wir auf großen Arbeitsaufwand und kurzfristige Deadlines vorbereitet, ich kann mir vorstellen, der Karriere wegen viel zu arbeiten.

Freizeit ist machbar, man muss sie nur gut planen. Ich finde, dass die Werbung ein Arbeitsumfeld ist, das intensiv werden kann, und man sich dessen bei der Familienplanung bewusst sein muss.

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Marc-Philippe Bötzius, 24, Kommunikationsdesign Student an der Hochschule Mainz, nebenher Freelance Jobs in Frankfurt am Main

Als ich vormittags gegen 10:00 Uhr eine E-Mail der PAGE-Redaktion in meinem Postfach vorfand, mit der Bitte um ein Statement zum Thema, Freizeit, Selbstständigkeit und der vielzitierten »Work-Life-Balance« musste ich zunächst aus Zeitgründen die gelesene Nachricht rot markieren. Das bedeutet für mich: Wichtig – unbearbeitet – später beantworten.

Bis zum Feierabend erhielt ich im Laufe des Tages unzählige weitere Nachrichten, die meine To-Do-Liste fortlaufend wachsen ließ.

Zwölf Stunden später, am Abend, den Kopf weiterhin voll mit Studienprojekten, Freelancejob und Portfolio nahm ich mir dann auf der Couch meiner Freundin Zeit über jene essentielle Fragestellung nachzudenken. Auf dem Bauch das Macbook und ein leeres Dokument, in der linken Hand ein Feierabendbier.

»Und Marc, wie steht es um deine Work-Life-Balance?« — Der Kopf war vergleichsweise leer, und ich hatte partout keine Antwort darauf. Abgesehen davon zog ich es um diese Uhrzeit dann doch vor, den Abend lieber meinem Privatleben zu widmen. Macbook zu – Musik an – Bier auf – Kochlöffel in die Hand. Die To-Do-Liste bleibt weiterhin, wenn auch passiv, im Hinterkopf.

Ich denke ein solcher Tagesablauf kommt vielen Gestaltern sehr bekannt vor. Im Idealfall sollte das aber nicht die Regel sein, sondern projektbezogen. Es gibt immer wieder Tage oder sogar Wochen in denen es um die Work-Life-Balance eindeutig besser steht — und stehen muss.

Und so möchte ich auch in die Zukunft schauen. Vor allem wenn man am Ende seines Studiums steht und sich irgendwie — aus Versehen — durch Praktikum und diverse Jobs schon halb in die Arbeitswelt verlaufen hat. Ich möchte auch in zehn Jahren  weiterhin für eigene, gestalterische Projekte, und für die tatsächlich wichtigen Dinge im Leben Zeit haben: Freunde, Beziehung, Familie — um auf die Schnelle drei Lebensinhalte zu nennen. Denn am Ende reden wir hier lediglich von Design. Eine wunderbare und wichtige Sache. Aber in meinen Augen ist so einiges wichtig und von Bedeutung.

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Kommentare zu diesem Artikel

  1. Ohweia, sie sind halt noch ziemlich “grün” hinter den Ohren 😉 Ich selbst hab einige Jahre in die Praxis investiert, bin gereift. Mich dann auf Familienleben und Kind gefreut. Hatte den Traum mit Kind von zuhause aus selbständig zu sein als Grafikerin/Designerin. Wenn du dann vorm MAC sitzt, dich gerade in ne Idee einarbeitest und dein Baby hat die Hosen voll… sitzt erst lächelnd in der Wippe vor dir und beginnt dann zu schreien…. der Schnuller fällt raus… Essenszeit… später soll Mami doch bitte mit Häuser bauen und basteln… “Mami!?” ertönt gefühlt alle drei Minuten… Wir hatten ne Nanny, Kinderkrippe, um sich zeitweise Freiraum für das kreative Tun zu schaffen. Aber das Kind auf den “Abstellgleis stellen” nur um die große Karriere anzustreben? Nein, mir war es das nicht wert. Ich habe stattdessen solide, langsamer aufgebaut, meinen Arbeitsrhythmus dem Kind angepasst, bin zufrieden, nach oben ist sicher einiges offen… Aber die Prioritäten haben sich mit Kind sehr verändert! Ich behaupte Kind und Karriere geht irgendwie, aber nie beides zu 1000%, sondern mit vielen Kompromissen.

  2. Liebe kreative Generation Y,
    den durch eure schon krankhafte Ueberidentifikation mit dem Beruf selbstauferlegten Leistungs- und Erfolgsdruck haltet ihr keine 10 Jahre durch. Wenn eure Beschäftigungsverhältnisse (egal ob fest oder frei) in dieser schnelllebigen, marktradikalen und unsozialen Branche überhaupt solange andauern und eure kreative Arbeitskraft im Markt überhaupt solange gefragt ist. So wie ihr drauf seit, lachen sich eure Arbeit- und Auftraggeber in’s Fäustchen – mit eurer Haltung zum Job können die euch gar nicht besser manipulieren und abkochen. Das gibt ein böses ernüchterndes Erwachen!

  3. Mit dieser naiven Einstellung sind die alle frühzeitig durchgeraucht durch den Abzug!

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