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In die Tüte gesprochen: Marken-Beobachtungen auf dem Schulhof

»Eene, meene, muh, und weniger Marktanteil hast Du« – PAGE-Kolumne von Christian Prill, Partner Brand Strategy bei Factor …

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Jetzt kommen bald die ersten Herbstferien für die Erstklässler. Zeit, die ersten Wochen seit der Einschulung mal ein bisschen einzuordnen. Mir ist zum Beispiel schon neulich bei der Einschulungsfeier meines Sohnes aufgefallen, dass sich ein scheinbar unumstößlich verteilter Markt binnen weniger Jahre vollkommen gewandelt hat.

Noch vor wenigen Jahren schien der Grundschul-Markt aufgeteilt in die, die Scout auf dem Rücken tragen und in die McNeill-Kinder (der Schulranzen mit dem Hund). Die anderen Marken – eher unbedeutend. Heute sind die einst großen Marken in der Defensive. Statt dessen sehen wir auf einmal viele, viele ergobag-Schulranzen auf den Rücken der Grundschulkinder.

Kolumne_Prill_Koll-16---ergobag-satch-family-composingEs ist interessant, dass selbst in konventionellen, berechenbaren Märkten mit klaren Marken-Verteilungen immer mal wieder neue Player auftauchen, die alles verändern. Die aufgebaute Marktmacht hilft den starken Marken von früher nicht immer weiter.

3 Gründe dafür:

1. Die etablierten Marken haben sich auf ihrem Erfolg ausgeruht. Wer sich im Erfolg sonnt, denkt, es geht immer so weiter. Stimmt aber nicht. Die Gesellschaft ändert sich, und mit ihr die Sicht auf die Dinge. Es werden Themen wichtig, die so vor einigen Jahren noch nicht zu sehen waren, zum Beispiel Nachhaltigkeit. Ein neuer Player, der mit kalten Augen und einer guten Idee in einen scheinbar aufgeteilten Markt reingeht, hat beste Chancen auf Erfolg. ergobag macht Schulranzen aus recycelten PET-Flaschen. Deutschland mit seinen 700.000 Einschulungen pro Jahr und der Eltern-Bereitschaft, auch 200 Euro für einen Schulranzen auszugeben, ist ein gutes Pflaster für Unternehmer, die was reißen wollen.

»Die aufgebaute Marktmacht hilft den starken Marken von früher nicht immer weiter«

2. Die etablierten Marken treffen den Geschmack der Menschen nicht mehr. Warum muss immer alles quietschbunt und infantilisiert aussehen, nur weil Kinder damit rumlaufen sollen? Und wenn einem gar nichts mehr einfällt, kauft man halt die üblichen Lizenz-Motive dazu. Die ergobag-Macher haben verstanden, dass es sich lohnt, wenn sowohl Eltern als auch Kinder geschmacklich ernst genommen werden. Muss trotzdem nicht so aussehen wie eine Dieter Rams-Edition in schwarzweiß.

3. Irgendwann wurde mal die »Kindheit« erfunden. Die ergobag-Leute sind schlau. Sie verstehen, dass auch Kinder schon früh eine große Distinktionslust entwickeln. Die Kleinen gucken nach der Welt »der Großen«, finden das erstrebenswert und weit weg zugleich. Inklusive ihrer Marken. Die ergobag-Leute haben dafür zum Beispiel die Marke »satch« entwickelt. Wenn die Grundschule absolviert ist, bist Du auf dem nächsten Level. So multipliziert die Segmentierung der Schulzeit die Marktchancen und hilft den Kindern bei der Identitätsbildung. Abgrenzung stärkt schließlich.

Welcher Markt wird als nächstes aufgerollt?

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