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Designer können mehr! Interview mit Jessi Pervola

Design ist mehr als Oberflächengestaltung und spielt zunehmend eine wichtige Rolle in Strategie- und Innovationsprozessen. Darüber sprachen wir mit Jessi Pervola, Director of Design bei Smart Design in London.

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Wie Unternehmen und Design umdenken müssen, um einer neuen Definition von Design gerecht zu werden und sie Wirklichkeit werden zu lassen, beleuchten wir in unserer aktuellen Ausgabe PAGE 05.15 (hier geht’s zum Shop). Hier lesen Sie, was Jessi Pervola von Smart Design zu dem Thema zu sagen hat.

Welche Definiton von Design liegt Ihrer Arbeit zugrunde?

Für uns ist Design eine Methode, um Sinn zu stiften und komplexe Fragen von Unternehmen und ihren Kunden zu beantworten. Dort wo die Bedürfnisse von Konzernen und Menschen sich überschneiden, wird es erst richtig spannend. Design wird oft darauf reduziert, Produkte attraktiv zu machen – also sie hübsch und funktional zu gestalten – aber es kann und sollte viel mehr sein als das.

Design schafft Klarheit und bringt Insights hervor, die in regulären Unternehmensprozessen oft untergehen.

Warum?

Unser Designprozess beginnt immer mit Empathie: Wir versuchen, die Bedürfnisse und Wünsche der Menschen zu verstehen, für die wir ein Problem lösen sollen – dazu gehören auch die Leute, die in den Unternehmen angestellt sind, für die wir arbeiten. Ich glaube, diese Empathie in Kombination mit einer ausgeprägten Kreativität es Designern ermöglicht, die Probleme von Unternehmen und der Gesellschaft zu lösen. Vielleicht liegt es an unserer Persönlichkeit oder unserer Ausbildung – wahrscheinlich eine Mischung aus beidem -, dass wir besonders gut darin sind, uns in andere Menschen hineinzuversetzen und die Welt mit ihren Augen zu sehen. Diese Voraussetzungen in Kombination mit unseren verschiedenen Backgrounds bei Smart Design helfen uns, ein Problem von allen Ecken her zu betrachten – technisch, geschäftlich und menschlich.

Zu unserer internen Kultur gehört es zudem, ständig zu hinterfragen, ob wir auf dem richtigen Weg sind. Von dem Moment an, in dem ein Kunde mit einem Auftrag zu uns kommt, analysieren und hinterfragen wir die Aufgabe, wenn sie uns nicht passend erscheint. Und während des Projektverlaufs fragen wir uns ständig, ob wir auf eine Lösung hinarbeiten, die das Beste für das Geschäft unseres Auftraggebers, seine Marke und seine Kunden ist. Dieses Hinterfragen ist nicht dazu da, den Prozess zu verlangsamen, sondern soll uns helfen zu definieren, wie wir ein guter Partner für unsere Kunden sein können. Letztlich wollen wir sicher gehen, dass wir aus den richtigen Gründen gehandelt haben – und nicht, weil es schneller oder leichter war oder weil wir den kurzzeitigen Erfolg im Blick hatten statt des langfristigen Mehrwerts.

Inwiefern hat sich Ihre Arbeit in den letzten Jahren verändert?

Smart Design hat eine 30-jährige Geschichte in Human-Centered-Design und ist bekannt für Produktdesign und Entwicklung. Unsere Art zu Arbeiten spiegelte die Art, in der unsere Kunden jahrelang ihr Geschäft betrieben: Sie machten ein Produkt und brachten es an den Mann – damit war die Transaktion meistens vorbei.

Aber mit der heutigen Technologie hat sich die Customer Journey in jeder denkbaren Branche enorm verändert.

Unternehmen verbindet keine Einweg-Transaktion mehr mit ihren Kunden, sondern eine fortlaufende, wechselseitige Beziehung. Das hat Auswirkungen darauf, wie ihre Marke wahrgenommen wird, welche Produkte und Services sie entwickeln und wie sie Geld verdienen. Natürlich hat sich unsere Aufgabe entlang diesen Veränderungen mit entwickelt und bezieht sich nicht mehr nur auf einzelne Produkte, sondern ganzheitliche Services, Positionierungen und Geschäftsmodelle.

Hat sich die Wertschätzung von Design mit verändert?

In den letzten Jahren hat die Anerkennung von Design sich eindeutig verändert – vor allem dank des Erfolgs von Design-getriebenen Unternehmen wie Apple oder Spotify. Unsere Auftraggeber sehen das und fragen:

»Was machen die, das wir nicht machen?«

Die Antwort lautet oft, dass Design als gleichwertig betrachtet wird mit Business und Technologie. Dieses Konzept ist relativ neu. Einige Unternehmen lassen sich auch jenseits des konkreten Produkts oder Services vom Designprozess inspirieren. Wir helfen ihnen dabei, solche “immateriellen Vorgänge” zu etablieren – von der Erfolgsmessung über interne und externe Kommunikation bis hin zu Innovationsprozessen. Wir können dafür sorgen, dass sie ihr Geschäft mal aus einer anderen Perspektive betrachten – was sie sonst aufgrund ihrer Größe, internen Kultur oder Unerfahrenheit nicht tun würden.

Welche Erfahrungen oder Expertisen muss man mitbringen, um bei Smart Design zu arbeiten?

Wir stellen gezielt Menschen aus der ganzen Welt ein mit sehr unterschiedlichen Werdegängen. Wir haben Mitarbeiter mit einem tiefen Verständnis für Design, Technologie und Business, die aber auch viele andere Rollen übernehmen können – je nachdem, was der Kunde braucht. Das erfordert viel Erfahrung. Gleichzeitig schätzen wir natürlich das Design-Handwerk besonders und hier sind oft Designer mit weniger Erfahrung, die vielleicht sogar gerade erst aus der Schule kommen, sehr bereichernd.

Ich selbst habe einen Abschluss in Grafikdesign und habe rund sechs Jahre in dem Bereich gearbeitet, bevor ist zu Smart Design kam. Das hat mir geholfen, meine Fähigkeiten in einem Bereich zu verfeinern, die ich jeden Tag in meine Arbeit miteinbringe. Die anderen in unserem Team haben eine große Bandbreite an Erfahrungen und Expertisen – darunter jegliche Art von Design und Technikausbildungen, MBAs etc.

Wir haben keine feste Form, in die unsere Designer hinein passen müssen.

Wir sind auf der Suche nach kreativen Leuten, die herausragend in ihrem Bereich sind und motiviert, sich weiterzuentwickeln.

Wie gehen Sie bei Projekten genau vor?

Wir haben keinen festen Weg oder Prozess. Ich weiß, das ist eine langweilige Antwort – aber es stimmt! Jedes Projekt unterscheidet sich enorm von dem davor – selbst wenn es für die gleiche Branche oder ein ähnliches Produkt ist. Jeder unserer Auftraggeber hat andere Ziele, eine eigene Marke, bestimmte technische Herausforderungen, unterschiedliche Kunden, eine andere interne Kultur und so weiter. Deshalb gehen wir jedes Projekt mit einem maßgeschneiderten Prozess an, der es uns erlaubt, tief in das Geschäft und die Bedürfnisse der Kunden einzutauchen – eben jene Empathie, die ich eingangs erwähnte. Wenn wir im Prozess feststellen, dass wir eine andere Richtung einschlagen sollten, machen wir das. Natürlich gibt es festgelegte Projektphasen und unser Prozess beruht auf bewährten Tools und Methoden, aber letztlich kommt es immer darauf an, was bei einem konkreten Projekt gebraucht wird.

Wie helfen Sie Ihren Kunden dabei, Innovationen auf den Markt zu bekommen?

Da gibt es verschiedene Vorgehensweisen. Manchmal sind wir der kreative Funke und geben ihnen Tipps, was sie tun könnten, welche Services oder Produkte sie anbieten könnten, wie sie sich neu positionieren könnten etc. Danach übernimmt ein internes Team.

In anderen Fällen begleiten wir sie von Anfang bis Ende als Partner, eruieren die Möglichkeiten, konzipieren und entwickeln Ideen bis hin zum Launch von Produkten, digitalen Services oder internen Initiativen. In letzter Zeit haben wir unsere Auftraggeber auch dabei unterstützt, interne Ressourcen aufzubauen, wie UX Design oder Customer Research – entsprechend unseren eigenen Expertisen.

Haben Sie dafür Beispiele?

Ja, um Beispiel die Neu-Positionierung von HP oder die Hyundai Card. Hier geht es zu den ausführlichen Case Studies:

HP Service Ecosystem

Hyundai Card und UX Strategie

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